Greifswald, Juz Klex – 14.09.2019
Die Nacht war entspannt, auch wenn der Heiländer ruhelos hin und hergestapft ist, weil er nicht schlafen konnte. Morgens entdecken wir in der Gefriertruhe Zutaten für ein potenziell leckeres Frühstück – leider liegt auch das Brot in dem Fucker und ist somit steinhart gefroren. Ein Gang zum Bäcker bei herrlichstem T-Shirt-Wetter schafft Abhilfe.
Ruckzuck sind wir dann auch in Greifswald, die Strecke von Brandenburg nach Mecklenburg-Vorpommern ist ja auch vergleichsweise gering. Mir fällt auf, dass die sechs Dates der R-EVOLUTION OF STEEL THRASHES GERMANY-Tour sechs Bundesländer abdecken, denn außer den beiden genannten folgen noch Schleswig-Holstein, Berlin, Hamburg und Niedersachsen. Eine Sechsländertour somit, dat ist doch mal effizient.
Yeah, wat für ein herrlicher Laden ist das Juz Klex denn bitte? Und wieso waren wir hier noch nie? Ein feines autonomes Zentrum mit vielen Räumlichkeiten zum Abhängen, einem Konzertraum in perfekter Größe und ausgedehnten Außenflächen samt Tischtennisplatten und viel Grün.
Da die anderen Bands heute noch fahren und wir als einzige hier pennen, ergibt eine veränderte Reihenfolge Sinn – heute lautet die Running Order EXIT SMASHED – FATAL EMBRACE – VLADIMIR HARKONNEN (EXTINCT haben auch den heutigen Auftritt abgesagt).
Die Crew ist fit, dat Essen lecker und später kommen ca. 30 Leute. Da ich seit einiger Zeit bei einer Konzertgruppe mitmache, weiß ich, dass das eine absolut stabile Zahl ist. (Häufig kommen zu Konzis der INFERNAL CRUST BRIGADE leider weniger Menschen, obwohl die Bands durchweg exquisit gewählt sind.) Ein Freak war neulich auch auf unserem Konzert auf der MS Hedi in Hamburg, cool.
EXIT SMASHED wirken heute noch mal deutlich motivierter und auch noch tighter als gestern. Am zweiten Tourtag klingt man halt immer besser (alte Bauernregel). Iiih, aber warum rotzt Rotten Rolf ständig an die Bühnendecke? Und dann sind seine Gollerfäden auch noch so sämig, dass sie im Verlauf des Gigs nur an Länge gewinnen, sich aber noch nicht von der Decke lösen. Die geilen EXIT-SMASHED-Smasher und das GANG-GREEN-Cover stimmen versöhnlich.
FATAL EMBRACE entsprechen dem Tourmotto am ehesten, haben sowohl Rolf und seine Bande als auch wir doch auch gewisse Hardcore/Punk-Einflüsse mit im Blut. Die Berliner ziehen eine knallharte Thrashsalve durch. Die Greifswalder*innen bleiben unverständlicherweise recht verhalten und drücken sich ziemlich in den Ecken herum. Ich find’s super, bange den ganzen Gig mit und grunze mich heimlich schon etwas warm.
Wahrscheinlich sind es die Leute hier einfach gewöhnt, dass Konzerte später losgehen. Manchmal hat man ja Pech, wenn man als letztes spielt und viele sind schon wieder weg. Heute aber ist es andersherum – es sind noch ein paar Leute gekommen und irgendwie finden sich auch jetzt erst alle im Zockraum ein. Und nach drei, vier Songs steigt die Stimmung, Schritt für Schritt rückt der Pöbel weiter nach vorne, bis die Chose richtig Spaß macht. Doch was ist das? Über uns hängen immer noch Rolfs Rotzfäden und drohen langsam abzutropfen. Andi schnappt sich beherzt eine leere Bierpulle und sammelt die Dinger unter lauten Würgegeräuschen und Brechreizanfällen von der Decke, während Zarc und ich uns vor Lachen fast einpissen. Bemerkenswert auch: Alle drei Mikros weisen einen eigentümlichen Geruch auf: Zarcs riecht nach Arsch, meins nach Old Spice und Andis nach Katzenfutter. Den Vladiismus in seinem Lauf halten aber weder Arsch noch Katze auf und so böllern wir einen Auftritt durch, der viel mehr Laune bringt, als wir erwartet hatten.
Danach feiern wir noch dezent mit Crew und Gästen, bis wir uns in unser feudales Schlafzimmer verziehen. Super Sache!