Lübeck, Treibsand – 06.10.2017
Was für eine herrliche Vladi-Woche! Am Montag erst mit RUINAS inner Lobusch und nun gleich zwei Dinger mit SLIME. Und das in zwei unserer absoluten Lieblingsläden – dem Treibsand in Lübeck und dem Speicher in Husum.
Leider gestaltet sich die Anfahrt etwas schwerfällig. Nach fast zwei Stunden sind wir immer noch …in Rendsburg. Die Straßen sind einfach voll. SLIME ergeht es selbst nicht anders und als wir ankommen, ist Schlagzeuger Alex Schwers immer noch im Verkehr. Obwohl alle emsig am Aufbau arbeiten, verzögert sich dadurch der gesamte Ablauf. Erst müssen schließlich SLIME Soundcheck machen, umgekehrt hätte es wenig Sinn ergeben. Aus Platzgründen stellen wir uns NOMEANSNO-mäßig auf und stehen somit in einer Reihe – Eric trommelt also ungewohnterweise an der rechten Bühnenseite neben uns statt hinter uns.
Die Backstagestimmung ist trotz des etwas hektischen Aufbaus entspannt. Das liegt nicht zuletzt bestimmt an den ganzen leckeren Fressalien, welche die Kochcrew auftischt. Oliven, Gemüse & Dips, gefüllte Teigtaschen, Stullen… Zum Glück wissen wir, dass man sich hier nicht zu früh den Wanst vollschlagen darf, denn der eigentliche Hauptgang kommt erst noch! In der Tat serviert man später Sellerieschnitzel oder wahlweise Fleisch mit Kroketten.
Wir lernen SLIME peu a peu kennen und kommen besonders mit Dirk „Dicken“ Jora ins Gespräch, der uns bald tatsächlich alle mit „Digger!“ anspricht. Am zweiten Tach soll das übrigens gar zu „Diggi!“ werden – das kann nur für totale Zuneigung stehen. Über Slime wird ja gerade viel Quatsch geschrieben, meiner Meinung nach hat vieles davon eine missgünstige Note. Ich kann das nicht bestätigen, was man da so an absurden Vorwürfen hört. Die Band hat Bock und zieht an beiden Tagen jeweils über zweieinhalbstündige Auftritte durch!
Aber erst mal sind ja wir dran. Der Sound ist auf (und offenbar vor) der Bühne 1A. Das Treibsand ist pickepackevoll, beide Konzerte sind ausverkauft. Nun ist es theoretisch ja spanend, wie man als Support aufgenommen wird, wenn man mit so einer Legende zockt. Aber gerade in Lübeck und Husum habe ich keine Bedenken. Tatsächlich füllt es sich im Laufe unseres Auftritts immer mehr und die Stimmung steigt mit jedem Stück. Ein auf der Bühne mit dem Rücken zur Band sitzender Punker wird natürlich gleich integriert und dazu aufgefordert, bitte noch etwas gelangweilter und arroganter zu gucken, damit das noch geiler nach 80er Punkkonzert aussehe. BUTTOCKS‘ „Nein, Nein, Nein“ flutscht so richtig schön schnell durch die Boxen – wir haben das Ding im Grunde aus Bock mit reingenommen und weil wir „Schweineherbst“ nicht in dieser Situation covern wollten. 40 Minuten Vladiismus sind immerhin drin und das reicht, um komplett durchgeschwitzt von der Bühne zu gehen. Danach freuen wir uns über viel positives Feedback aus grinsenden Gesichtern. Ausnahme: Eine Frau mit wütendem Gesichtsausdruck, die mich anbellt: „Du bist so scheiße! Deine Musik ist geil, aber wenn du das Maul aufmachst, laberst du nur Scheiße! Und du kannst dir nicht mal ein Bier selbst aufmachen!“ (Die letzte Bemerkung bezieht sich darauf, dass ich mein letztes Bühnenbier einem Besucher zum Aufmachen hingehalten habe.) Was soll man dazu sagen…
SLIME spielen ungelogen gleich zwölf neue Songs. Das ist verglichen mit anderen Bands überdurchschnittlich viel. Sowas sieht man selten, denn es ist ja bekannt, dass die Leute möglichst alte Klassiker hören wollen. Aber irgendwie schaffen die Hamburger*innen es, trotzdem noch fast keinen ihrer Hits ungespielt zu lassen! „Alle gegen alle“, „Schweineherbst“, „Linke Spießer“, „Deutschland“…. Im Grunde ist fast alles dabei, ich vermisse spontan lediglich „Mensch“ und „Goldene Türme“. Zwischendurch gibt es einen Akustikteil mit u.a. „Zu kalt“ und „Gewalt“, der mir am ersten Tag irgendwie ein wenig den Fluss aus dem Auftritt zu nehmen scheint. Dirk ist genervt, weil sein Monitor immer wieder ausfällt. Auch schon wieder authentisch und ehrlich, wie er sich seine Verärgerung darüber anmerken lässt. Vor der Bühne ist der Sound aber super und schließlich singt Dicken einfach mit durch Elfs Mikro. Von den neuen Songs gefallen mir vor allem „Banalität des Bösen“ (inspiriert von Hannah Arendt) und das herrlich swingende „Ich kann die Elbe nicht mehr sehen“.
Das hat Bock gemacht, aber ich verrate schon mal, dass am Tag danach alles noch etwas geiler werden wird!
Vielen Dank an Jens, Axel und die Treibsand-Crew – wir kommen wieder, da gibt’s nix!